Hans von Marées

Die vorliegende Zeichnung gehört zu einer Reihe von Akt-Studien für eine Bacchus-Statue Artur Volkmanns. „In der bildenden Kunst galt mein Interesse von jeher vorwiegend der Bildhauerei, wohl weil sie sich fast ausschließlich mit dem Menschen beschäftigt …“, so äußerte sich Thomas Mann. Nach dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe hat Hans von Marées an deren Entstehung aktiven Anteil genommen. Diese Einflussnahme lässt sich auch an dieser Rötelzeichnung verdeutlichen. Marées zeichnete den Bacchus eigenhändig und nach seinen eigenen Vorstellungen. Danach fertigte Artur Volkmann eine vervollständigende Kopie nach der Maréesschen Studie auf dem linken Teil des ursprünglich 43 cm breiten Blattes. Zwischen 1909 (dem Erscheinen des Werkverzeichnisses von Meier-Graefe) und 1925 (der Auktion bei Paul Cassirer) wurde der linke Teil des Blattes, auf der sich die Kopie Volkmanns befand, abgeschnitten. Vermutlich sollte die virtuose Zeichnung von Hans von Marées wieder als eigenständiges Kunstwerk zur Geltung kommen, und tatsächlich gehört dieses Blatt zu den schönsten Studien der Bacchus-Serie. Es gehört zu den frühen Studien Marées aus dem Jahr 1883. Die Zeichnung zeigt den jugendlichen und etwas runderen Akt von vorn in klassischer Pose mit Stand- und Spielbein. In den Händen hält er, nur angedeutet eine Traube und einen Kelch. Das von links oben kommende Licht modelliert den Körper mit starken Kontrasten. Der Hintergrund ist teils durch Schraffuren abgedunkelt. Ein paar Linien markieren die Grenze zwischen Boden und Wandfläche und verorten die Figur damit im Raum. Spielerische Bezüge findet Thomas Mann im Kindesalter zur Götterwelt, zu der auch der Weingott Bachhus gehört: „Ich hüpfte als Hermes mit papiernen Flügelschuhen durch die Zimmer, ich balancierte als Helios eine glanzgoldene Stahlkrone auf dem ambrosischen Haupt, ich schleifte als Achilleus meine Schwester, die wohl oder übel den Hektor darstellte, unerbittlich dreimal um die Mauern von Ilion. Aber als Zeus stand ich auf einem kleinen, rotlackierten Tisch, der mir als Götterburg diente, …“ (Thomas Mann: Kinderspiele XI, 328 f.)

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