Horst Janssen gehört unbestritten zu den interessantesten und technisch versiertesten Zeichnern des 20. Jahrhunderts. Seine erotischen Akte der 1960er spiegeln den Zeitgeist der »sexuellen Revolution« wider. Er lotet Grenzen aus, und wenn er sie überschreitet, dann mit viel Witz, so dass man es ihm schon damals nachsieht. Zudem gelingt ihm 1965/66 mit seiner ersten großen Einzelausstellung in Hannover der Durchbruch in Deutschland, obwohl er gegenständlich malt, was verpönt war und als reaktionär galt. Zu dieser Zeit entsteht »Verena & Verena«. In inniger Umarmung stellt Janssen hier zwei Frauen mit dunklen, langen Haaren dar, die sich gegenübersitzend, mit angewinkelt, ineinander verschränkten Beinen umarmen. Die linke Frau ist komplett nackt, die rechte trägt lediglich ein kurzärmliges, enganliegendes Hemd. Die Gesichter bleiben – bis auf den in zartem Rot getönten Mund der Nackten – verborgen. Dasselbe Rot findet sich noch einmal auf der Brustwarze der Frau, ansonsten hält Janssen das Bild in Grautönen. Das seiner damaligen Frau Verena gewidmete Blatt strahlt eine große Intimität und prickelnde Erotik aus. Durch die enge Verschlingung
der beiden Körper wirken sie unzertrennlich und erzeugen den Eindruck als seien sie sich selbst genug. Die Frage, ob es sich bei den beiden Frauen um ein und dieselbe oder um zwei verschiedene Verenas handelt, macht dieses sinnliche Bild nur umso interessanter.
Diese aufregende Zeichnung ist ein wunderbares Beispiel für die technische Meisterschaft Janssens und seine einzigartigen Bildfindungen, die durch ihre feine Modellierung begeistern und den Betrachter durch ihre intime, erotische Darstellung in den Bann ziehen.