20.Juni.2025, 19 Uhr
Neuer Wall 13
Eintritt: 15 Euro (unter 25 Jahren 5 Euro)
Jan Philipp Reemtsma: „Vollkommen menschenleer – Natur bei Brockes und Schmidt“ im Rahmen des Nature Writing Festivals 2025
„Ich kenne keinen Schriftsteller, der den Regen so abgehorcht, dem Wind so oft Widerrede geboten und den Wolken so literarische Familiennamen verliehen hat.“
Das sagte Günter Grass über Arno Schmidt, als dieser den Fontane-Preis erhielt – und er zitierte: „‚Meine Landschaft muß eben sein, flach, meilenweit, verheidet, Wald, Wiese, Nebel, schweigsam.‘ Und auf diesem Teller“ (so Grass weiter) „wird er nicht müde, das Wetter auszumünzen: ‚Ein Regen flüsterte mit der Teerstraße.‘ – ‚Weiß Gott: es nieselte schon; aber der Zug kam pünktlich durchs Gesprühe‘. ‚Der Wind wurde lauter, er sprang geduckt hin und her, reckte sich, atmete höhlig, und stöberte witzig im Matsch; dann kam er an mein Fenster, haspelte drei Sätze auf Gälisch, prustete los (vor Lachen wegen meinem Gesicht), und weg war er…‘“
Bei keinem deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts steht die Natur immer wieder im Zentrum der Beobachtung – oder ist stets mitspielende Begleitung – kein deutschsprachiger Autor hat wohl ähnlich viele und überraschende Mond-Metaphern, und wo James Joyce im „Ulysses“ 14 Stunden durch Straßen und Kneipen stromern läßt, wandert Schmidts Alter Ego in dem Roman „Kaff auch Mare Crisium“ eineinhalb Tage durch Moor, Heide, Wacholder und Farne.