Ausstellung vom 31. Juli bis 4. Oktober 2025
Weiße Gischt peitscht über schwarze Felsen, helle Sonnenstrahlen durchbrechen das dunkle Dickicht eines Waldes, ein Hahn erhebt stolz sein prächtiges Gefieder: Peter Wels‘ Bilder scheinen in ihrer präzisen Darstellung uns bekannte Situationen und Orte und damit ein Abbild der Wirklichkeit wiederzugeben.
Es sind Bilder, die uns durch ihre Genauigkeit, durch ihr Wechselspiel von Licht und Schatten überwältigen und von denen gleichzeitig eine große Stille ausgeht. So vermutet man im ersten Moment eine Fotografie vor sich zu haben. Erst bei der näheren Betrachtung zeigt sich, dass die kontrastreichen Schwarz-Weißdarstellungen gezeichnet sind.
„Zeichnen ist Sehen“ – das bekannte Diktum über die Bedeutung und Wiedergabefähigkeit der Zeichnung trifft für Peter Wels ganz besonders zu. Ausgebildet als Architekt, der über viele Jahre für internationale Architekturbüros Entwurfszeichnungen für Großprojekte gestaltet hat, stand für ihn stets die genaue Vorstellung und das Sehen, wie es sein könnte, im Vordergrund. So auch bei seinen freien Zeichnungen, die seit 2005 entstehen.
Dabei geht es jedoch weniger um konkrete Räume als um offene Momente. Tatsächlich glauben wir diese Orte und Augenblicke zu kennen, doch sie gibt es nicht wirklich. Mit Fragmenten aus eigenen und fremden Fotos erschafft Peter Wels – zunächst am Computer – Bildkompositionen, deren suggestive Kraft uns fasziniert, anzieht und gleichzeitig verblüfft. Kann man etwas wirklich so realitätstreu zeichnen?
Täuschend echt perlen die Schaumkronen von den Klippen einer Bucht ab, sind die flirrenden Lichtreflexe im schattigen Wald, im Gefieder von Hühnern oder dem Innern einer dunklen Kathedrale wiedergegeben.
Zunächst mit Kohle und später vorwiegend mit wachsbasierten Stiften gezeichnet, strahlen diese scheinbar konkreten Bilder etwas Rätselhaftes aus. Anders als zum Beispiel bei Robert Longos hyperrealistischen Kohlezeichnungen eröffnen sie Orte, die dem Betrachter Raum für die die eigene Phantasie lassen. Durch Schraffuren, Verwischungen, dem Gegensatz von weißen und schwarzen Formen schafft Peter Wels suggestive Bildwelten von großer Kraft und Energie. Einzelne Grashalme, helle Blätter, gleißende Licht – und Schaumkronen stechen hervor. Effekte, die allein durch weiße Leerstellen im Papier oder Radierung entstehen. Schaut man genauer hin, sieht man zunehmend abstrakte Strukturen in der Zeichnung, die den vermeintlichen Realismus entlarven.
Wird unser Gefühl für Wirklichkeit durch Abstraktion beeinflusst? Das atmosphärische Nebeneinander von Präzision und Unschärfe, Eindeutigkeit und Unbestimmten haben in Fotografie und Malerei Tradition, um subtile „Zwischenräume“ zu schaffen. In manchen Zeichnungen von Peter Wels wird diese Unschärfe zum bestimmenden Thema. Nur verschwommen nehmen wir die Natur wahr und fühlen uns umso mehr von ihr angezogen.
Eine geheimnisvolle Ruhe geht von diesen Bildern aus. „Es ist die Stille und gleichzeitig Offenheit, die das Gefühl von Ewigkeit vermittelt.“ – so der Künstler. Es sind gezeichnete Meisterwerke von Harmonie und klarer Schönheit, die unsere Vorstellung verzaubern und beflügeln.
Dr. Petra Roettig