Olaf Gulbransson

Veröffentlicht: Simplicissimus. Jahrgang 18 (1914), Heft 48, Seite 815 „Der Karneval dauert zu lang! Man sollte viel mehr verbieten, sonst behalten die Leute nicht Geld genug für uns übrig.“ Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges erhielten die regierenden Monarchen Deutschlands sowie die Angehörigen der königlichen Familien jährlich finanzielle Zuwendungen aus der Staatskasse. Diese Zivilliste genannte Steuer diente zur Deckung der für die Hofhaltung anfallenden Kosten. Geschichtlich war sie der Ausgleich dafür, dass das frühere Krongut im 19. Jahrhundert an den Staat gefallen war. Die Begünstigten mussten keine Rechenschaft über die Verwendung der Mittel ablegen. In seiner Zeichnung konfrontiert Olaf Gulbransson die Welt der Bürger mit der des Adels. Unter den missbilligenden Blicken einer alten Aristokratin, ihrer altjüngferlichen Tochter und eines Kutschers ziehen zwei angeheiterte Pärchen in ausgelassener Stimmung an ihnen vorbei. Ihre Kostüme deuten darauf hin, dass sie von einer Faschingsfeier kommen bzw. zu einer gehen. Hierüber echauffiert sich die um ihre Apanage besorgte Aristokratin, die trotz kürzlicher Erhöhung der von den Passanten zu entrichtenden Zivilliste kein Verständnis für deren Recht zu Feiern hat. Man kann dieses Blatt auch als Allegorie zu Thomas und Heinrich Manns Bruderzwist sehen, der sich ja an den verschiedenen Auffassungen zum Ersten Weltkrieg entzündete. Während Thomas Mann sich als konservativer Monarchist zu der Kriegsführung der deutschen Regierung bekannte, vertrat sein Bruder Heinrich eher die fortschrittlichen und international sich gebenden Ideen der Entente.Demokraten, wie z.B. Romain Rolland.

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